Wir befinden uns inmitten großer politischer Herausforderungen, deren ökologische, wirtschaftliche und soziale Aspekte kaum voneinander zu trennen sind. Ein umfassender gesellschaftlicher Wandel ist dringend nötig, um der zunehmenden Imbalance und Überlastung der Ökosysteme einschließlich der Menschen angemessen zu begegnen. Den Weg in eine regenerative Kultur können wir nicht aus dem bestehenden Narrativ heraus beschreiten. Immer mehr Menschen – junge wie ältere – ahnen, spüren, wissen das. Und die meisten von uns fühlen sich hilflos darin. Weil wir nicht mit der zunehmenden Orientierungslosigkeit umgehen können, resignieren wir, reden die Probleme klein, erstarren oder wenden uns allzu einfachen Antworten zu. Neue, ermächtigende Formen der Bildung sind gefragt, die Kopf, Herz und Hand verbinden, und uns im Angesicht zunehmender Komplexität handlungsfähiger machen.
Mit der Wegwarte wollen wir einen Lern- und Forschungsraum schaffen, der Grundlagen für das wahrnehmende politische Gestalten einer regenerativen Kultur vermittelt. Damit ist eine Form der Gesellschaftsgestaltung gemeint, die aus der Wahrnehmung des Bestehenden heraus Lösungen erarbeitet. Politische Entscheidungs- und Umsetzungsprozesse werden so sorgfältig und inklusiv gestaltet, dass eine Welt entstehen kann, in der sich nicht nur die Um- und Mitwelt regenerieren kann, sondern auch das soziale Gewebe zu einem friedlichen Miteinander zusammenwächst. Ein bewusster und trauma-informierter Umgang mit Konflikten ist dabei von essenzieller Bedeutung.
Ziel
Das übergeordnete Ziel der Wegwarte ist es, Menschen zu befähigen, ihren Platz im gesellschaftlichen Wandel zu finden und einzunehmen. Die Hebelpunkte, an denen Menschen sich einbringen können, sind ebenso vielfältig wie ihre Lebenswege und Fähigkeiten. Wir begleiten die Teilnehmenden darin, herauszufinden, was ihr persönlicher Beitrag sein kann und welches Wissen und Handwerkszeug sie brauchen, um wirksam die Welt mitgestalten zu können. Kein Standardmodell kann dies leisten, sondern nur ein zugleich strukturierter und freier Weg, der konkretes gesellschaftliches Engagement mit Fachkenntnissen und Persönlichkeitsentwicklung verbindet. Mit der Wegwarte kommen die Teilnehmenden dem näher, was sie motiviert, begeistert, was ihre Berufung ist. Sie lernen, sich dabei im großen Ganzen zu verorten und den gesellschaftlichen Umbrüchen und Konflikten konstruktiv zu stellen.
Der gemeinnützige eingetragene Verein meta&morph ist Träger der Wegwarte. Es soll ein Ort werden, an dem die so wichtige umfassende Kritik am Bestehenden auf eine Weise eingebettet wird, dass sie sich (u.a. in Konfliktsituationen) nicht als Aggression oder Resignation ausdrückt, sondern konstruktiv wirkt – im vollen Anerkennen unseres menschlichen Gewordenseins. Lernende werden ermutigt, Wege jenseits des Bekannten einzuschlagen. Sie werden befähigt, Neues aus einem tiefen Verständnis des Vorhandenen heraus zu entwickeln, nicht aus konfrontativer Ablehnung. Das ist in erster Linie eine Frage der Haltung und geht mit viel Demut einher.
Weg
Zu Beginn werden inhaltliche und kulturelle Grundlagen gelegt, z.B. durch Vermittlung von Kommunikations- und Konfliktbearbeitungswerkzeugen, sowie fundiertem Wissen um bestehende Abläufe in Wirtschaft, Politik und Verwaltung. Zu den Grundlagen gehören außerdem Wahrnehmungsschulung und künstlerische Praxis, regeneratives Alltagsleben durch Selbstorganisation und gärtnerische Selbstversorgung. Regelmäßiges Mentoring unterstützt die Persönlichkeitsentwicklung der Teilnehmenden. Darauf aufbauend entwickelt sich ein immer freieres und eigenständigeres Lernen: Die Teilnehmenden schärfen ihre Ausrichtung anhand konkreter selbstgewählter Projekte und Praktika, die Einblicke in vielfältige Bereiche der Gesellschaft geben. In dem Zusammenhang eignen sie sich Wissen und Fähigkeiten an, die sie brauchen, um eigene Vorhaben umzusetzen. Sie üben sich im Gestalten und im Scheitern, lernen ihre Kompetenzen einschätzen und ihre Potenziale entfalten und wachsen so schrittweise in das eigene Wirkungsfeld hinein.
Gemüsegarten und Gastronomie
Eine zentrale Bedeutung kommt dem Garten zu, der uns mit der Erde, von und mit der wir leben, verbinden soll. Er soll unserer Selbstversorgung mit Gemüse dienen und zur Samenproduktion genutzt werden. Der Samenbau wird Teil eines überregionalen Netzwerks von Höfen sein, die Saatgut insbesondere für Gemüse-SoLaWis produzieren. Dieses Netzwerk soll selbst nach den Prinzipien der solidarischen Landwirtschaft organisiert sein. So entstehen überregionale gemeinschaftsgetragene Strukturen, anhand derer zukunftsweisendes Wirtschaften erlernt werden kann. Auch Lebensmittelverarbeitung und Bewirtung wollen wir als Lernfeld und im Sinne einer solidarischen Versorgung organisieren. Dafür wollen wir die gastronomische Infrastruktur nutzen, die in dem Hotel vorhanden ist, das wir erwerben wollen.
Zielgruppe
In die Wegwarte werden Menschen jeden Alters, die sich an den verschiedensten Stellen für gesellschaftliche Transformation engagieren wollen, eingeladen sein. Insbesondere jene, die im bestehenden Bildungssystem keinen angemessenen Rahmen für die Entfaltung ihrer Potenziale finden. Der Lernraum bietet eine intensive, fokussierte mehrjährige Vollzeitausbildung. Das Basisjahr legt Grundlagen und in den zwei Aufbaujahren rücken lokalpolitisches Engagement und Multiplikator:innen-Fähigkeiten in den Mittelpunkt. Die Ausbildung ist das Herzstück der Wegwarte. Darüber hinaus wird es unterschiedlich intensive Möglichkeiten geben, wie Menschen mitwirken können: durch die Teilnahme an einzelnen Veranstaltungen oder Modulen, in der Vernetzung mit kommunalen Initiativen, im gemeinsamen politischen Engagement, im Garten und in der Küche, in künstlerischer und somatischer Praxis.
Für Offenheit und Vielfalt
Die Wegwarte soll ein Ort der Diversität und der gesellschaftlichen Emanzipation sein, keine Blase oder Echokammer, in der Menschen einer bestimmten Subkultur sich gegenseitig ihre Meinungen und ihr Weltbild bestätigen. Wir freuen uns über Menschen verschiedener geographischer Herkunft, mit unterschiedlichen Bildungs- und Berufswegen, körperlichen Voraussetzungen, sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identifikationen. Sobald es unsere finanziellen Mittel erlauben, werden wir unser Erdgeschoss barrierefrei umbauen, um noch mehr Menschen den Zugang zu ermöglichen. Diversität ist für uns kein netter Zusatz, sondern Grundvoraussetzung von Lebendigkeit. In jeder Hinsicht sind wir gespannt auf eine Vielfalt von Perspektiven aufs Leben und freuen uns über gegenseitiges Aufeinandereinlassen.
Unsere Offenheit hat dort ihre Grenzen, wo wir menschenverachtenden Ideologien und Verhaltensweisen jeglicher Art begegnen. Ebenso sprechen wir uns gegen vereinfachende Weltbilder und Feindbilder aus. Wir üben uns darin, diese und andere Arten gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und struktureller Diskriminierungen hinter uns zu lassen und erwarten von den Teilnehmenden unserer Ausbildung ebenso wie von Besucher:innen der Wegwarte die Bereitschaft, die eigenen Privilegien, Ansichten und Selbstverständlichkeiten zu hinterfragen und zu verlernen. Wir setzen uns aktiv für eine bunte, freie, verbundene, gerechte und lebendige Welt ein, für ein gutes Leben für alle.
Finanzierung
Das Gesamtprojekt wird, so weit es geht, selbst commons-gemäß und gemeinschaftsgetragen finanziert. Die Anfangsinvestitionen sollen per Schwarmfinanzierung (insb. Privatdarlehen und Schenkungen, mehr dazu hier) getätigt werden. Zurückzuzahlende Darlehen sollen tendenziell durch neue abgelöst werden, so dass immer abwechselnd Menschen ihre Hand unter unser Projekt halten.
Der laufende Betrieb soll durch eine Mischfinanzierung sichergestellt werden.
- Fördermittel (öffentliche Hand und Stiftungen) für einzelne Veranstaltungen, Module oder Teilprojekte sowie für den laufenden Betrieb werden ein relevanter Teil der Finanzierung sein.
- Spenden und Fördermitgliedschaften werden zur Deckung des Budgets beitragen.
- Sobald die angegliederten Betriebe (Saatgut und Gastronomie) Erträge erwirtschaften, fließen auch diese in das Gesamtbudget ein.
- Den verbleibenden Teil des Bedarfs werden die Teilnehmenden gemeinsam einbringen. Ganz im Sinne des gemeinsschaftsgetragenen Wirtschaftens bedeutet das, dass nicht alle Teilnehmenden jeweils den gleichen Betrag einbringen müssen, sondern dass die Deckung der Bedarfe gemeinsam sichergestellt wird.
- Die Teilnehmenden bringen – je nach ihren Möglichkeite – Geld in das Projekt ein, zum Beispiel aus dem familiären Umfeld.
- In jedem Monat ist eine Woche dafür reserviert, dass sie Geld verdienen, Förderanträge schreiben, sich um Spenden oder anderweitige Finanzierungsmöglichkeiten bemühen.
Eckpunkte
- Voraussetzung: alle Altersgruppen ab 18 Jahren sind willkommen, ein Bildungsabschluss ist nicht nötig, über die Aufnahme wird im persönlichen Gespräch entschieden
- Zeitlicher Rahmen: Vollzeitprogramm, maximal drei Jahre
- Basisjahr: Grundlagen für wahrnehmendes politisches Gestalten
- 1. & 2. Aufbaujahr: pädagogisch begleitetes gesellschaftliches Engagement (Service Learning), Multiplikator:innen-Ausbildung, Qualifikation in Moderation, Prozessbegleitung und konstruktiver Konfliktbearbeitung
- Thematische Säulen:
- Gesellschafts-, Konflikt- und Krisenanalysen, Transformationstheorien und -strategien
- Regeneratives Wirtschaften und Nachhaltigkeitsinnovationen
- Demokratiebildung mit lokalpolitischem Bezugs- und Wirkungsrahmen
- nervensysteminformierte Kommunikations- und Prozessgestaltung, konstruktive Konfliktbearbeitung
- Permakultur und ökologischer Land- und Samenbau
- Selbstorganisationspraxis
- Somatische Praxis (Körper- und Wahrnehmungsschulung)
- Künstlerische Gestaltung (Kreativität und Ausdruck)
- Persönlichkeitsentwicklung, innere Arbeit und Hineinwachsen in das eigene Wirkungsfeld
- Gruppengröße: Jeder Jahrgang umfasst bis zu 24 Teilnehmende
- Team: Die Menschen des Kernteams haben langjährige Erfahrung auf unterschiedlichen Gebieten der transformatorischen Bildung und der Prozessgestaltung. Dieses Team begleitet die Teilnehmenden kontinuierlich vor Ort. Es wird ergänzt durch externe Expert:innen
- Start: geplant für Herbst 2025. Derzeit planen wir eine Übergangsphase mit kürzeren Bildungsangeboten bevor der erste Pilotjahrgang beginnt
- Finanzierung: solidarische Finanzierung, die Teilnehmenden geben so viel wie es ihr finanzieller Hintergrund zulässt. Die Teilnahme ist nicht an Zahlungsfähigkeit geknüpft. Angegliederte Betriebe (z.B. Saatgut, Gastronomie) tragen zur Finanzierung bei. Ergänzt wird dies durch Spenden, Fördermittel von Stiftungen und öffentliche Zuwendungen
- Rechtsform: gemeinnütziger eingetragener Verein